AUTOTEST. Kia EV6 GT

Als uns Kia vorab 2021 die ersten Informationen zum EV6 GT übermittelte, konnten wir die Leistungsdaten kaum glauben – die Koreaner wollen den Stromer mit 585 PS befeuern! Nun steht der „ÜBER-Kia“ tatsächlich in unserer Autoredaktion zum umfangreichen Test bereit. Bitte anschnallen!

Ehrfürchtig drehen wir um den 4,695 m EV6 GT eine erste Kennenlernrunde. Und irgendwie haben wir vor dem Crossover so richtig Respekt: dezent modifizierter Frontspoiler und Heckschürze, stärker akzentuierte Motorhaube, DUAL-LED Projektionsscheinwerfer mit adaptivem Fernlicht, Mattlackierung, Bremssättel in „Lime green“, gewaltige 21“ Leichtmetallfelgen mit 255èr Pneus …

Und auch nach dem Einsteigen merkt man die wahrhaften Ambitionen dieses Kia: wir sitzen auf straffen, schwarzen Veloursleder-Schalensitzen im GT-Design mit grünen Highlights und am Lenkrad sitzt rechts unten die grüne, „berüchtigte“ GT-Taste. Ansonsten stimmt auch das Interieur fast mit den zivilen EV6 Modellen überein. Wertige Materialien, feine Verarbeitung, Curved-Einheit für das digitale Supervision-Cluster mit 12,3“ Farbdisplay und das 12,3“ Navigationsdisplay bzw. mittig darunter das digitale Touchpanel für die Steuerung der Klima- und Infotainmentfunktionen – alles am gewohnten Platz mit sehr guter Ergonomie. Zu den Highlights der Luxusausstattung des GT zählen unter anderem adaptiver Tempomat, Batterieheizung, elektronisches Sperrdifferential, Vehicle-to-load Funktion, 360° Around View Monitor, intelligente elektrische Heckklappe, elektronisch gesteuertes adaptives Fahrwerk, Ambientebeleuchtung, ausklappbare Türgriffe, elektrisches Glasschiebe/-Hubdach, Meridian Soundsystem mit 14 Lautsprechern, Ladestation, Telematic-Online Dienste, Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktion, Lenkradheizung, Sitzheizung vorne und hinten, Parksensoren vorne und hinten, Rückfahrkamera, etc.

Auch die Platzverhältnisse sind den schon getesteten „EV6 Brüdern und Schwestern“ gleich, also fühlt man sich bequem untergebracht und auch der Kofferraum zeigt sich gewohnt voluminös. Somit kann auch ausreichend Reisegepäck mit auf die Rennstrecke – in der Form war dies noch nie möglich.

Genug der Worte – wir wollen fahren! Vorweg nochmals die Leistungsdaten: auf der Vorderachse sitzt ein 160 kW/218 PS starker Elektromotor, hinten lauert ein zweites E-Aggregat mit nochmals 270 kW/367 PS woraus sich eben eine monströse Systemleistung von 430 kW/585 PS ergibt. Nicht weniger beeindruckend ist das wuchtige Drehmoment mit 740 Nm(!). Die Kraftübertragung erfolgt über ein Reduktionsgetriebe bzw. natürlich Allradantrieb. Wir rollen los, vorerst im Eco-Modus und in gewohnter Manier „stromern“ wir mit dem EV6 aus der Großstadt.

Nun drücken wir jedoch die schon erwähnte GT-Taste – am Display wird sofort unser Ansinnen nach voller Leistung angezeigt und treten das Alu-Gaspedal nieder … im selben Atemzug legt der Kia los – ergreifend brachial – als sei der Leibhaftige hinter uns her! Was für ein Beschleunigungs-Wahnsinn! Immer wieder bremsen wir runter um danach den GT wieder in höchste Geschwindigkeitsbereiche zu jagen! Der digitale Tacho scheint mit dem Zählen nicht nach zu kommen, die mögliche Höchstgeschwindigkeit ist mit abgeregelten 260 km/h (!) einem ganz, ganz kleinem elitären Kreis an Elektroautos vorbehalten. Der GT wirkt wie eine Geschwindigkeitsdroge, unsere Beschleunigungsmessung von 0 auf 100 km/h attestiert dem GT nämlich 3,45 Sekunden – der Wert eines Supersportwagens auf Niveau eines Porsche Taycan Turbo oder Tesla Model S.

Aber auch das Handling des EV6 GT ist vollends auf Spaß ausgelegt. Nach einigen hundert Kilometern haben wir unseren Lieblingsfahrstil quasi umgelegt auf das Auto, im GT-Mode steht nämlich ein sogenannter Drift-Mode mit diversen Einstellungsmöglichkeiten zur Verfügung. Derart konfiguriert produzieren wir reihenweise Heckdrifts der Extraklasse, dieser 2,2 Tonnen Stromer lässt sich um Spitzkehren jagen, dass es eine wahre Freude ist – genial, phänomenal … mir fehlen die Worte und noch mehr den Mitfahrern!

Glücklicherweise besitzt der EV6 GT eine immerhin 77,4 kWh „große“ Batterie, sparsame „Stromtrinksitten“ und die geniale 800-Volt-Schnellladetechnik. Selbst bei winterlichen Temperaturen und Renntempi schaffen wir Reichweiten zwischen 350 und 370 Kilometern, woraus sich auch unsere angezeigten Verbräuche zwischen 20,4 und 24,7 kWh bestätigen. Einmal mehr genial, die Hochvoltladetechnik der Koreaner.

Mit bis zu 350 kWh kann die Batterie am Hypercharger geladen werden, in 18 Minuten ist somit ein 10 bis 80% „Tankvorgang“ erledigt – da geht sich tatsächlich nur mehr eine Melange mit Mehlspeise zur Stärkung aus.

Fazit: Kia ist mit dem EV6 GT ist richtiger „genialer Wurf“ gelungen. Denn der „normale“ EV6 war nicht grundlos Auto des Jahres – aber in Kombination mit diesem Antrieb mutiert der sparsame Familien-Stromer zum Supersportwagen par excellence. Das Preis/Leistungsverhältnis ab 75.990 Euro macht den Kia EV6 GT zur Zeit absolut konkurrenzlos. Ganz großes Kino!

Technische Daten
Kia EV6 GT
Batterie 77,4 kWh
Leistung 430 kW/585 PS
Beschl. 0-100 km/h 3,5 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 260 km/h
Verbrauch / Reichweite 20,6 kWh/100 km / 424 km
CO2-Emission 0 g/km
Listenpreis ab 75.990 Euro

 

Fotos: © Autopresse.at